Audis Cashcow ist der Q5. Und der kommt jetzt in der dritten Generation zu den Händlern. In der Schweiz jedoch nur als quattro. Und wenn man sich noch ein paar andere Parameter des SQ5 anschaut, dann möchte man meinen, dass die Kuh aus einer Excelliste heraus entstanden ist. Dem ist zum Glück nicht so, wie ich an einer ausführlichen Probefahrt im warmen Spanien er-fahren durfte.
Der Q5 gilt als einer der Besten, wenn es darum geht, ein
Pferd zu ziehen. Aber vor allem in der ersten Generation galt dies für den
grossen Dreiliterdiesel. Ein Drehmomentschaufler der ersten Güte. Da haste
nicht gemerkt, dass da noch so 700kg-Aluhänger und nochmal 700kg-Hafermotor
hinten dranhing. Kann denn dieser Mildhybrid auch, was wenn es darum geht,
Hobbykapital in die Kräuterwiese am Piz Hottehü hoch zu ziehen? Spoiler; ich
hatte leider grad kein Pferd dabei, um das zu testen.
Laufleistung
Keine Ahnung. Das war ein Vorseriengerät mit keine Ahnung wie vielen Metern drauf. Waren aber vermutlich nicht sehr viel. Auto sah aus wie neu, roch wie neu und schaltete sauber.
Wie weit?
So ca. 250 Testkilometer im Umland rund um Malaga in Spanien.
HALLO! Meine ich es nur, oder ist es hier etwas kühl? Kann aber auch an dem gigantischen Kühlergrill liegen, welcher die Front des neuen Q5 komplett in Beschlag nimmt. Jedoch, trotz der Flut von Kühleröffnungen (wovon nicht alle funktional sind) ist das noch versöhnlicher als das, was bei BMW abgeht. Und gerade die Farbe "Grenadinerot" auf meiner Testkuh macht den Sportback überraschend gefällig.
Das ist aber mal ein kühler Grill. Zeigefinger (Assistenzsysteme)
Alles. Natürlich auch Spurhalter (doof), ein Head-Up-Display (undoof), Kollisionsassistent (zum Verhindern, nicht zum Herbeiführen einer Kollision) und Abstandsradar sollten dem Piloten das Leben auf Langstrecke etwas erleichtern.
Es ist alles da, Leder Alcantara, Stoff und sowieso in allen möglichen Kombinationen konfigurierbar. Aber ich weiss wirklich nicht, was in Ingolstadt manchmal schiefläuft, wie kann man sich einen Namen wie Bang & Olufsen in den Innenraum tackern und dann dieselben Plastikgitter wie in einem Polo über die Lautsprecher verbauen?
Audis neues Cockpit - Displays wo man hinblickt
Der Konfigurator gibt eine Menge her, was Materialien und
Farben anbelangt. Kontraste hier, ein wenig Aluimitat da und vor allem, eine
Armada von Displays, welche Fahrer und Beifahrer über Medien, Fahrparameter
oder auf dem Laufenden halten. Für den Beifahrer gibt es natürlich auch die
Möglichkeit zur Unterhaltung in Form von Streamingapps und Shopping(??).
Man kann von dem Trend zu Displays statt Knöpfen und analogen Zeigern halten,
was man will, aber der Q5 zeigt, dass die Entwicklung nicht stehengeblieben
ist. Trotz der unglaublichen Flut an Funktionen lassen sich die Darstellungen
sinnvoll zusammendampfen und bei Bedarf auch einigermassen personalisieren. Und
dabei hat man auch ein wenig an die Performance gedacht, das ganze Infotainment
ist flott und reaktionsschnell.
Lob verdient auch das Head-Up-Display. Das ist tatsächlich auch dermassen
informativ und grafisch ansprechend gestaltet, dass man auf die eigentliche
Tachoeinheit verzichten könnte. Möcht ich so haben.
Was ich nicht haben möchte, sind die Sportsitze, wovon der Begriff Sport zu den
Sitzen passt, wie der Begriff Jogging zu jener meiner Hose, welche bis heute
noch keinen einzigen Turnschuh, dafür aber meine Couch zur Genüge gesehen hat.
Der Seitenhalt ist an den Seiten eher verhalten und die Auflage an sich ist mir
zu straff. Und gerade beim SQ5, welcher durchaus seine Qualitäten im dynamischen
Fahren aufweist, wäre ein kompakter geschnittener Sitz mehr als sinnvoll.
Sinnvoll wäre auch ein Griff in der Fahrertür, zum Zumachen, weisst? Da wo man
diesen intuitiv vermutet, sitzt der Kombischalter für die Lichtautomatik (den
man vermutlich einmal im Jahr benutzt). Und dort ist einfach nix zum Festhalten
um die Tür zuzumachen, da muss man eine Handbreit weiter unten links
reingrabschen, dann klappts auch mit dem Abschalten der Aussenwelt.
Die ersten Meter
Vermutlich der erste Sportback, der mir nicht auf Anhieb missfällt.
Das ist alles so vertraut, irgendwie. Und das liegt nicht daran, dass ich vor einiger Zeit auch den neuen S5 gefahren bin, welcher zumindest im Innenraum dasselbe Erscheinungsbild besitzt. Ne, das liegt daran, dass der SQ5 einfach intuitiv daherkommt. Und sich dabei auch nicht anfühlt, als müsse man das Autofahren gleich neu erlernen. Der Motorstart geschieht per Knopfdruck, die aufgeladene V6 Benziner erwacht dezent zum Leben. Fahrstufe D per Schiebeschalter wird angewählt und dann fährt das genauso, wie man es von einem Auto erwartet. Nice.
Wie unauffällig soll sich so ein SQ5 fahren? Ja. Und damit hat Audi auch nix falsch gemacht, die rund zwei Tonnen schwere Fuhre lässt sich dank der etwas leichten, aber zielgenauen Lenkung genau dahin bringen, wo man denn hinwill. Wäre da nicht einer dieser übermotivierten Assistenten, welche total überdreht auf die nächste Lohnerhöhung hinarbeiten. Und damit meine ich den Lenk- bzw. Spurassistenten. Die Eingriffe des Kollegen sind einfach zu unbeholfen, zu forsch und gehen mir überhaupt gewaltig auf den Sack. Der erste Eingriff hinterlässt mich fast schon schockiert. Mir scheint, ich hätte irgendwas auf der Strasse erwischt, was das Lenkrad in Richtung Kurvenäusseres zwicken lässt. Ich frage mich manchmal (eigentlich ganz oft), wie sowas in einer finalen Abstimmung den Weg in die (Vor)Serie schafft.
Olé!
Abgesehen von diesem Patzer, welcher dann hoffentlich per OTA-Software-Update ausgemerzt wird, bleibt der SQ5 aber erstaunlich unauffällig. Die Maschine hat dank 367 PS und 550 Nm genügend Wumms und weil der SQ5 ja auch ein Mildhybride ist, schiebt noch ein 18kW / 230 Nm starker E-Motor bei Bedarf ein paar Briketts nach. Der tut seinen Dienst übrigens auch beim Parken und Rangieren.
Natürlich, ein kleiner Wehrmutstropfen auf dem heissen Stein bleibt, das Gewicht. Zwitausend Liter Mineralwasser bleiben auch mit zahlreichen Sport und S-Line Badges knallhart auf der Waage stehen. Man kann diese zwar geschickt verpacken, aber in gewissen Situationen blitzt der Bauchspeck dann leider doch unter dem Sportshirt hervor. Nicht dass der SQ5 jetzt durch die Kurven eiert und dabei wankt und schwankt wie eine halbnarkotisierte Kuh, aber gerade auf der Bremse schiebt unser vollausgestatteter Kollege etwas vehementer auf die Kurve zu, als mir lieb ist. Da hilft es leider auch nicht, dass die Bremse eher von der härteren Sorte ist, ich schreibe mal Dosierbarkeit auf den Wunschzettel. In Summe nicht schlimm, aber etwas mehr Gefühl in der Bremse wäre eher nach meinem persönlichen Geschmack.
Die Fahrt ins Geröll
Im Geländemodus ist es zum in die Luft gehen! Bei 30mm ist dann aber auch Schluss.
Ich steige noch kurz um, in den 2.0er Diesel. Wozu? Naja, es hiess, man könne mit dem Auto auch offroaden, wenn man denn will. Dafür lasse ich mich von dem Navi auf eine ausgewaschene Bergroute lotsen, wobei ich mich wundere, wie es solch eine "Strasse" in die Karten von Google Maps geschafft hat. Und nach 20 Minuten weiss ich warum, mir kommt ein Ford Transit entgegen, in der Gegend scheint das noch als akzeptabel zu gelten. Also wenn's der Kastenford bis hierhin geschafft hat, kann das ja nicht so arg sein.
Zurück zum Diesel. Der indes grabbelt sich dank zusätzlichen 30mm Bodenfreiheit im Geländefahrmodus fast schon gelangweilt durch die Berge, so richtig offroadig wirds nicht. Aber dennoch, das Auto vermittelt eine solide Form der Zuversicht, das würde vermutlich auch in etwas gröberem Gelände funktionieren. Vor allem aber der Selbstzünder strahlt jene Souveränität aus, welche man von so einem Q5 erwartet. Da brauchts absolut keine hohen Drehzahlen und die 400 Nm schüttelt das Triebwerk locker aus dem Ärmel. Das wird vielleicht jene interessieren, welche sich überlegen, so einen Q5 dafür anzuschaffen, um das Pferd von A nach B zu bringen. Das geht dank 2,4 Tonnen Anhängelast auch mit besonders fetten Brauereigäulen.
Da geht es hin mit der dritten Generation des Q5. In Summe ein rundum gelungenes Auto, wenn auch hie und da (bewusst) Platz für eine Modellpflege gelassen wurde. Aber, man gewöhnt sich an vieles und hier gibt es nicht viel, an was man sich nur schmerzhaft gewöhnen müsste. Bei den Motorisierungen hat man ebenfalls keine Experimente gewagt, der SQ5 ist "ausreichend" bestückt, der 2.0er Diesel wirds für die breite Masse richten. Den 2.0er Benziner bin ich im Q5 nicht gefahren, deshalb, weil ich das Triebwerk schon aus dem A5 kannte und wusste, dass diese Antriebsvariante unter der Rubrik "plärrende Luftpumpen" einzusortieren ist. Der V6 Turbo im SQ5 bringt natürlich nicht schubkarrenweise Fahrspass mit sich, aber das soll er auch nicht. Was er tut, er bringt eine Menge Reisequalitäten mit sich und ist als souverän motorisierter Langstreckenbomber in meine Wahrnehmung gerückt. Aber, und da muss ich jetzt doch nicht kurz in die Vergangenheit zurück, der 3.er TDi aus den früheren Modellen, hatte genau dieselben Qualitäten. Tja.
Und jetzt kommt für mich ein Zwiespalt. Der SQ5 startet in der Schweiz Stand heute bei CHF 101'900.00, als Sportback bei bei 103'900.00. Packt man die Bude mit all dem voll, was so hübsch, wohlklingend und techy ist, dann ist man plötzlich 130 Kilo los. Und das, meine Damen und Herren, muss es dann dem Käufer dann schon ein gewisses Übergewicht auf dem Postkonto wert sein. Ich für meinen Geschmack bin da leider raus, in dieser Preisregion möchte ich wesentlich weniger recycelte PET-Flaschen im Innenraum sehen.
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