Porsche 911 Dakar - Schneegestöber
Vorwort
Der 911er und ich haben ja sowas wie eine komplizierte Beziehung. Ich fand das Auto in seiner grossen und ganzen Gänze über die letzten Jahrzehnte hinweg ein wenig overhyped. Da hatte der Mythos zu viel Schwung, die Dinger waren unfassbar teuer und was soll denn so ein kleiner Sechszylinder Boxer im Heck denn gross an Unfugspotential bieten? Alle drehen durch, der 911er ist der Ursportwagen schlechthin und die Influencergarde kriegt sowieso Stangenfieber, wenn sie denn mal einen Elfer in die Finger kriegen. Rhabarber Rhabarber. Ja nun, das war alles, bevor ich den Dakar mal dort fahren durfte, wo ich eigentlich zu Hause bin. Dort, wo der Winterdienst auch gerne mal eine Stunde später als anderswo und nach 22:00 Uhr sowieso nicht mehr ausrückt.
Was denn?
Ein Haufen von Vorserienmodellen des Porsche 911 Dakar, ich hatte die freie Wahl und habe vielleicht einen Moment zu lange überlegt, so blieb mir dann nur der "Martini"-Dakar. Naja, Hauptsache; Lebensverachtend. Allraddrift? Check.
Laufleistung
So ungefähr null Kilometer, +/- 200 derer. Ich hab nicht gekuckt, es waren Pressefahrzeuge und die Seriennummer war mit "000" am Armaturenbrett vermerkt.Wie weit?
Naja, Luftlinie werden's schon ca. 50 gewesen sein. In Radumdrehungen waren's dann eher an die 200, weil, Traktion war optional. Und wie Walter gesagt hat; "Die Seitenführungskräfte des Reifens lassen zu wünschen übrig." Vielleicht hatte er deswegen als einziger Spikes aufgezogen. Weiser Schlingel. Erster Eindruck
Hurra! Willkommen im Comedy Club in Lungau/Salzburg in Österreich. Alles ist bunt, laut und absolut perfekt organisiert. Die Autos sehen auf den ersten Blick tatsächlich ein wenig deplatziert aus. Ich muss aber auch ein ehrlich sein, ich hatte das ziemlich exklusive Privileg, einen mausgrauen Dakar vom Kuschelhotel in Zell am See zur Piste zu führen. Und ich war nicht vorbereitet auf das, was da noch kam..jpg)
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Zeigefinger (Assistenzsysteme)
PSM, ABS, diverse Fahrmodi, alles umfangreich konfigurierbar und vor allem, komplett auszuknipsen. Was für ein seltener Anblick. Rallymodus und die Möglichkeit, das Fahrwerk um weitere 30mm anzuheben. Damit ist der Dakar dann ganze 80mm höher als ein normaler 911.
Innenraum
Leder, Alcantara (Racetex Baby!) und der, wie sich sehr viel später im Verlauf des Jahres herausstellen sollte, der beste Sitz der Welt. Zumindest für meinen Hintern, Rücken und meine allgemeinen Körpermasse. .jpg)
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Gerade bei Vorserienfahrzeugen muss man uU ein wenig vorsichtig sein, wenn es um die Materialanmutung, Verarbeitungsqualität und die Haptik geht. Dennoch, der Innenraum meines Testfahrzeugs war tadellos verarbeitet und auch das Infotainment liess nicht viel Kritik zu.
Die Sitze sind gewöhnungsbedürftig, vor allem beim Ein- und Aussteigen dellt man sich gerne mal den linken Oberschenkel ein. Aber danach fällt man in eine Welt, welche nur als fantastisch bezeichnet werden kann. Die Carbonschalen, welche auch im GT3 RS zu finden sind, fühlen sich an wie ein perfekt sitzender Schuh und man wird im wahrsten Sinne des Wortes eines mit dem Auto. Waaah! Leider Geil.
Natürlich gibts auch im Dakar Ambientebeleuchtung, und zwar genau dort, wo's Sinn macht. In Farbe und Bunt.
Die ersten Meter
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Es schwingt bei solchen Premieren ja immer etwas Respekt mit. Man möchte an so einer Veranstaltung nicht der erste sein, welcher eines jener raren Pressefahrzeuge in eine Schneemauer parkt, vor allem nicht unter Gottes Augen. Und bei minus 15°C sieht Schnee zwar wie Schnee aus, hat aber eher die Konsistenz einer Betonwand. Also erstmal piano, kucken was der Reifen so kann, wie das Auto die Lasten verteilt und erst dann die ganze Assistentenarmada in den Feierabend schicken.
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Walter und Jörg - Da kann man nur Danke sagen.
Nach zehn Kilometern
Huiii! OK, das fühlt sich nach etwas sehr Vertrautem an. Und, das hat keine zehn Kilometer gebraucht. Der Dakar mutiert zu einem jener vertrauten Spielzeuge, welche man als Kind schon in den Händen gehalten hat. Und später als Autofahrer. Das Heck hat vor allem im Rallymodus eine kommunikative Eigendynamik und im Zusammenspiel mit der angetriebenen Vorderachse wird der Tanz auf dem Eis zu der ultimativen Spassveranstaltung. Himmel, macht dieses Auto Bock auf mehr, mehr Geschwindigkeit, mehr Driftwinkel, mehr Eis, welches links und rechts im Rückspiegel in den Himmel schiesst. Ich bin nach fünf Minuten sowas von süchtig nach dem Koffer, wie ich es seit Jahren nicht mehr erlebt habe. Noch während Walter Röhrl im Funk immer wieder mal Anweisungen an mich und die anderen Fahrer gibt, sortiere ich meine Lebensziele neu. Auf ein Konto mit fast 300k EUR/CHF Überschuss. Fuck. .jpg)
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Hier kommt der Meister wie heisst er!
Multimediaplunder
War klar: Bose, hübsch aufgelöstes Display, Palimmpalimm. Total egal, braucht in diesem Auto braucht's kein Soundsystem und keine dicken Subwoofer. Der Dakar hat dermassen hohen Unterhaltungswert, da könnte John Wick höchstpersönlich auf der Haube irgendwen dahinrächen, es wär mir egal. Dennoch, das, was da ist, funktioniert einwandfrei und macht keine Zicken.
Die Fahrt
Angefangen im Hotel; Die Fahrt auf der asphaltierten Strasse war ein wenig durchmischt. Nicht weil das alles doof gewesen wäre, aber ich war einfach nicht so ganz gefasst auf die Eindrücke, welche dieser höhergelegte, auf Offraodwinterreifen gepackte 911 mir da vor den Latz geknallt hat. Und es war auch nicht minder eindrücklich, dass das alles ungefiltert daherkam. Weil, der Dakar verzichtet aufgrund der Konsequenz eines Rallyefahrzeugs für die Strasse darauf, Dämmaterialien zu verwenden. Weil Gewicht, das Auto hat leer gerade mal 30 kg mehr auf den Rippen, als ein GT3 RS, also schlussendlich 1480 Kilogramm. Und das bei 60 PS weniger Leistung, dafür aber mit 105 Nm mehr Drehmoment. Und das, meine Damen und Herren, macht in Kombination, einfach noch mehr Bock. Und ja, der doppelt aufgepustete Boxer im Heck ist gerade im Innenraum sehr präsent und schiebt den Elfer freundliche, aber sehr bestimmt vom Keller ins Obergeschoss.
Von Asphalt auf das schneebedeckte Testgelände im Lungau eingebogen zwickt es mich unmittelbar, das Pedal in den dünnen Teppich zu packen. Nur um mal zu sehen, wie das denn so in winterlichen Verhältnissen so funzt. Aber Geduld. Es steht noch eine Pressekonferenz an. Und Walter, der zusammen mit Jörg Bergmeister seit einigen Jahren an dem Dakar rumgefeilt hat, möchte ja auch noch etwas zu dem Auto sagen. Und es ist immer wieder eine Freude, dem Röhrl dabei zuzuhören, wie er seine Ideen an dem wohl dämlichsten Porsche der modernen Zeit adaptieren konnte. So viel dazu, der Dakar ist in meinen Augen der letzte, echte Röhrl-911. Dennoch, könnt ihr bitte die Pressekonferenz auf den Funk legen? Geht ja alles von der Fahrzeit ab.
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Satteln! Nach dem theoretischen Teil rannten (trabten?) alle Journis raus aus dem beheizten Zelt, weil jeder wollte "seinen" Dakar haben. Ich war etwas zu langsam, (weil Fotos machen, ne?), also wurde es statt dem "Roughroads"- dekorierten Exemplar der "Martini"-Porsche. War nicht ganz so schlimm, weil beide den lebensverachtenden Charakter der frühen 80er an der Aussenhaut trugen.
Kurze Streckeneinführung durch Jörg und Walter und dann gings sowas von los. Fahrdynamikmodus auf Rallye, ESP komplett ausknipsen, Auspuff auf Durchzug. Und was will man da jetzt noch schönreden, es war einer jener Fahrtests, welcher auch heute noch in der Nierengegend nachschwingt. Und man muss sich das so vorstellen; als Tänzer habe ich die Grazie eines angefahrenen Waschbärs, ich bin, was Körpermotorik anbelangt, ein totaler Bewegungslegasteniker. Wenn ich tanze, sieht das aus wie ein schlimmer Autounfall, man kann nicht wegkucken, aber es ist auch nicht wirklich schön. Aber hier....
Von Asphalt auf das schneebedeckte Testgelände im Lungau eingebogen zwickt es mich unmittelbar, das Pedal in den dünnen Teppich zu packen. Nur um mal zu sehen, wie das denn so in winterlichen Verhältnissen so funzt. Aber Geduld. Es steht noch eine Pressekonferenz an. Und Walter, der zusammen mit Jörg Bergmeister seit einigen Jahren an dem Dakar rumgefeilt hat, möchte ja auch noch etwas zu dem Auto sagen. Und es ist immer wieder eine Freude, dem Röhrl dabei zuzuhören, wie er seine Ideen an dem wohl dämlichsten Porsche der modernen Zeit adaptieren konnte. So viel dazu, der Dakar ist in meinen Augen der letzte, echte Röhrl-911. Dennoch, könnt ihr bitte die Pressekonferenz auf den Funk legen? Geht ja alles von der Fahrzeit ab.
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Satteln! Nach dem theoretischen Teil rannten (trabten?) alle Journis raus aus dem beheizten Zelt, weil jeder wollte "seinen" Dakar haben. Ich war etwas zu langsam, (weil Fotos machen, ne?), also wurde es statt dem "Roughroads"- dekorierten Exemplar der "Martini"-Porsche. War nicht ganz so schlimm, weil beide den lebensverachtenden Charakter der frühen 80er an der Aussenhaut trugen.
Kurze Streckeneinführung durch Jörg und Walter und dann gings sowas von los. Fahrdynamikmodus auf Rallye, ESP komplett ausknipsen, Auspuff auf Durchzug. Und was will man da jetzt noch schönreden, es war einer jener Fahrtests, welcher auch heute noch in der Nierengegend nachschwingt. Und man muss sich das so vorstellen; als Tänzer habe ich die Grazie eines angefahrenen Waschbärs, ich bin, was Körpermotorik anbelangt, ein totaler Bewegungslegasteniker. Wenn ich tanze, sieht das aus wie ein schlimmer Autounfall, man kann nicht wegkucken, aber es ist auch nicht wirklich schön. Aber hier....
Nochmal, der Sitz ist der perfekte Adapter zwischen Fahrer und einem 911 Dakar. Er übersetzt alles von Porsche zu Idiot mit Lenkrad in der Hand und zurück. Und damit kommuniziert der Rallyeableger ungefiltert und absolut ehrlich mit seinem Fahrer. Das ABS ist feinfühlig abgestimmt und lässt keine Fragen darüber offen, ob man denn nun auf griffigem Schnee oder auf einer Eisplatte unterwegs ist. Die Gasannahme ist turbotypisch zwar etwas sehr elastisch, aber das macht der Reifen wieder wett, zumindest vorwärts. Die Lenkung ist alles andere frei von Antriebseinflüssen und das ist absolut geil, man spürt förmlich, wie die Antriebskräfte von links nach rechts wandern und nach Traktion schnüffeln. Und dies alles in Kombination, das führt zu einem total intuitiven Fahrverhalten, der Dakar ist wie einer jener Musikkollegen, welcher immer mal wieder Blickkontakt sucht und damit den perfekten Groove auf die Bühne nagelt. Was ein fantastisch abgestimmtes Auto, es redet mit mir in einer Sprache, die ich perfekt verstehe und damit zieht es mir den Ärmel bis unter die Achsel rein. Ich will dieses Auto haben. Ganz fest. Und ich will es jeden Tag fahren. Mir egal, ob mein linker Oberschenkel nach ein paar Tagen aussieht wie ein vor drei Wochen überfahrenes Opossum.
Fazit
Man merkt, ich bin hart in den Dakar verknallt. Dazu gibt es noch eine Vor- wie eine Nachgeschichte. Vorher dachte ich mir, das ist mal wieder so ein Marketinggag, deswegen nur 2'500 limitierte Kundenexemplare, damit auch ja keiner merkt, wie dieser Eimer unter echten Bedingungen auseinanderfällt. Wäre nicht das erste und auch nicht das letzte Projekt, welches aus einem grossen Konzern kommt und einfach nur via Marketingabteilung gehyped wird. Weil, sieht geil aus, kostet eine Menge Kohle und ist dermassen exklusiv, dass kein Schwein jemals so ein Auto zu Gesicht bekommt.
Ja nun, ich bin nach all den Jahren immer noch nicht frei von Vorurteilen. Und ich darf mehr als dankbar dafür sein, dass ich zu Gast bei Porsche, Walter und Jörg sein durfte, um mich eines Besseren belehren zu lassen. Und eigentlich hätte ich es wissen müssen, wenn der Röhrl sich vor so ein Auto stellt, dann tut er das nicht (nie) für Kohle. Sondern, weil er eben dazu stehen kann. So sehr, dass er sich selber einen gekauft hat. Und seiner Frau hat er damit überzeugt, das hier sei der bessere 911er, weil er 80mm höher liegt und damit besser zum ein- und austeigen sei. Man muss diesen Mann einfach lieben, fachlich, aber vor allem menschlich.
Und ja, das hat alles Hand und Fuss. Der Dakar ist kein Marketinggag. Das ist ein echtes, hartes und nehmerfähiges Auto mit ordentlich einen am Helm. Nicht komplett verrückt, aber dennoch mit einer Menge Humor (der allen anderen Elfern irgendwie fehlt), gepaart mit dem Ansatz, etwas völlig Eigenes zu schaffen. Und das ist mehr als gelungen. Der 911 Dakar hat sich den Legendenstatus mehr als verdient und das in einer Zeit, wo alle mit Leistung, Technikspielereien und teils absurden Mengen an Carbon den Käufer zu sich ziehen möchten.
Wie anfangs erwähnt, der 911er und ich, das war immer etwas kompliziert. Mit dem Dakar wurde alles ein wenig einfacher. Wir hatten sowas wie eine ehrliche Aussprache. Und haben uns dabei den Arsch abgelacht. Ich wusste es damals im kalten Lungau vielleicht noch nicht, aber der Dakar und ich sollten sowas wie Freunde für's Leben werden. Fortsetzung folgt.
Kaufen?
Ja klar. Wer für einen Gebrauchten 300k+ zur Hand hat, raus damit. Nicht nur, dass so ein Dakar definitiv Potential für den Schutz einer solch hohen Investition hat, er bietet ein Mass an Fahrspass, welches kaum ein Mitbewerber in derselben Preisklasse bieten kann.
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