Alfa 147 GTA 3.2 V6
Manchmal wird man vom Teufel geritten. Da pfeift man lautstark auf alle Empfehlungen was den Autokauf anbelangt. Scheiss auf die Zuverlässigkeit, auf den Verbrauch, das Image, die CO2 Werte, auf die Farbe. Schick den Verstand nach Pomigliano d’Arco für einen Teller Spaghetti Napoli und eine Flasche Wein und kauf dir in dessen Abwesenheit einen dicken Alfa.
Was denn?
Ein 2003er Alfa Romeo 147 GTA. 3.2 Liter V6 mit betörend schlechten Manieren. 250PS bei 6200 U/min, 300Nm bei 4200 U/min. 6-Gang manuell.
Ausstattung:
Serie, bis auf das Winterpaket (eine Packung Nudeln im Kofferraum hätte mehr Nutzwert gehabt)
Laufleistung
gekauft mit ca. 82'000km.
Wie weit?
War so ca. sechs Monate in meinem Besitz, ungefähr 15TSD gefahrene km.
Handbuch gelesen?
Tatsächlich ja, auch wenn das Auto keine bedientechnischen Rätsel offenbart.
Erster Eindruck
Blind vor Liebe hab ich mich in das Abenteuer Alfa gestürzt. Die Formen muss man in ein paar ruhigen fünf Minuten auf sich wirken lassen, und dann entfalten sie ihre Wirkung erst recht. Viele liebevolle Details finden sich in dem kompakten Italiener. Dort ein dezenter Chromrand um die Armaturen, da ein viel zu breit ausgestellter Kotflügel, Aluminiumtürgriffe, sündhaft rot gefärbte Armaturenbeleuchtung, wulstige Sitze. Ich liebte dieses Auto von Anfang an leidenschaftlich, bereit um eine Menge Kompromisse einzugehen. Und ich war resistent, was Kritik von anderen Autoliebhabern anbelangt. Ich verstand auf Anhieb, was es heisst, ein Alfisti zu sein.
Zeigefinger (Assistenzsysteme)
ABS, ESP, Traktionskontrolle mit dem Hang zum Burnout, und das meine ich durchaus doppeldeutig.
Innenraum
Herrlich italienisch, fast schon vulgär. Die Sitze (Stoff) sind für meinen dürren Arsch perfekt geformt, viele fliessende Formen. Hinten ist genügend Platz für geliebte und auch ungeliebte Schwiegermütter, die Verarbeitung ist entgegen den gängigen Vorurteilen italienischen Autos gegenüber überraschend gut. Armaturen sind wirklich schön anzusehen und gut ablesbar. Gefällt wirklich, der äussere Eindruck setzt sich innen fort.
Die ersten Kilometer
Der Motor ist akustisch wie optisch ein Kracher. Wo andere als erstes den Zubehörhandel stürmen und sich irgendwelche ausgehöhlte Endtöpfe aussuchen, kann man hier davon ausgehen, dass die Konstrukteure keine Kompromisse zugunsten der Baumumarmer und Körnerpicker eingegangen sind. Der GTA zieht einem bereits auf den ersten Metern die Mundwinkel nach oben. Laut, nervös, scharrend, unkonventionell, blöd, benzinvernichtend. Geil.
Nach 10 Kilometern
Auf dem Nachhauseweg nach der Abholung offenbarten sich keine üblen Überraschungen. Der Fahrkomfort bei Autobahntempo ist wirklich gut, das Auto ist bei konstanter Fahrweise relativ leise und das Fahrwerk liefert nur bei kurzen Fahrbahnunebenheiten etwas sportlich angehauchte Vertikalbeschleunigung in Richtung Wirbelsäule. Sitze sind bequem, Klima ist hervorragend. Die Maschine hängt giftig am Gas, jede Bewegung im rechten Fuss wird akustisch so in Szene gesetzt, wie man es von einem temperamentvollen Italiener erwartet.
Multimediaplunder
RADIO/CD, kein Bose. Klingt aber akzeptabel, Bedienung gibt keine Rätsel auf. Lenkradbedienung, schneller CD-Wechsler, iPod Adapter gibt's im Zubehörhandel.
Die Fahrt
Irgendwann purzelt die rosarote Brille. Oder sie rutsch etwas von der Nase runter, weil man doch etwas ins Schwitzen kommt. Warum? Bewegt man den GTA etwas flotter, hat man permanent das Messer zwischen den Zähnen. Der dicke 147er verlangt nach etwas mehr Aufmerksamkeit, die man ihm aber auch gerne schenkt. Der Purist und Sportfahrer wird sich darüber ärgern, dass ein Teil der üppigen Leistung nicht auf die Strasse gebracht wird und die Antriebseinflüsse auf die Lenkung an einen Ringkampf erinnern. Kein Wunder, fehlt an der Vorderachse so etwas Sinnvolles wie ein Sperrdifferential, welches die 250 adrenalingeschwängerten italienischen Pferde im Zaum hält. Aber ne, Pustekuchen. Bei ausgeschalteter Traktionskontrolle frisst der GTA die Reifen wie ein ausgehungerter Hund sein Schappi und zerrt auch an der Lenkung wie besagter Köter, wenn's sein muss bis in den dritten Gang. Beispiel; Landstrasse, 80km/h Begrenzung, vor mir ein LKW mit so ca. 55km/h. Dritter Gang, Blinker links, rechtes Pedal in den Teppich rein. Beim Einschwenken ein kurzer Blick in den Rückspiegel und feststellen, dass der Überholvorgang mit zwei schwarzen Strichen auf der Fahrbahn dokumentiert ist, da kommen keine Fragen auf. Damit hat der GTA mein Herz endgültig gewonnen, ich habe vorher und auch nachher noch nie so laut in einem Auto gelacht. Dieselbe Nummer geht auch aus jedem Kreisverkehr raus, vor dem Kreisel kam irgendwann schon wie selbstverständlich der Griff zum Knopf für die Traktionskontrolle, nur um dann aus dem Rondell raus mit heiser kreischendem V6 und durchdrehenden Vorderrädern (aber kaum nennenswertem Vortrieb) Passanten zu verzücken. Ja wirklich, verzücken. Den einen oder anderen nach oben gerichteten Daumen habe ich wirklich gesehen, auch Leute die sich auf dem Bürgersteig grinsend umdrehen. Die Akzeptanz scheint bei solch einem schön gezeichneten roten Hatchback grösser zu sein, als bei einer dicken Premiumlimousine. Das liegt vermutlich auch daran, dass der V6 wirklich herrlich klingt, in jedem Drehzahlbereich. Tief und mächtig beim Anfahren, betörend und fast schon etwas versaut bei normalen Drehzahlen und schlussendlich dreckig, rotzig, wütend bei Drehzahlen nahe dem Begrenzer. Unanständig schön!
Die Lenkung verdient Lob. Sie ist tatsächlich sehr direkt und zielgenau. Jedoch macht der schwere V6 Brocken auf der Vorderachse irgendwann einen dicken Strick durch die Rechnung. Der Grenzbereich kündigt sich nicht wirklich an, irgendwann schiebt die Diva plötzlich unwillig Richtung Kurvenrand. Auch der Wendekreis ist ein Witz, und nicht mal ein guter. 12m!, und das für ein Kompaktsportler. Trotzdem, bis zu einer gewissen Geschwindigkeit macht der Alfa beim Kurvenräubern Spass. Das ESP greift spät ein, aber wenn ist man doch schon irgendwie froh, wenn die Elektronik einen Crash verhindert hat. Btw; das ESP und die Traktionskontrolle gehören hier zu den am meisten geforderten Elektronikkomponenten, noch vor der Benzinpumpe und der Klimaanlage.
Irgendwann zerbrach die Liebe. An einem grauen, regnerischen, kalten Spätsommernachmittag. Ich war auf dem Weg nach Hause. Vor mir fuhr ein hübsches Mädel in einem 2004er Nissan Micro den Berg runter. Sie fuhr recht flott und man müsste meinen, dass man mit dem GTA keine Mühe hätte, dem kleinen Japaner und der doch recht frechen Fahrerin zu folgen. Leider hat mich dort der schöne Alfa im Stich gelassen, die Diva hat mir wortwörtlich das Herz in einem Gewittersturm gebrochen. Ich hatte keine Chance, dem kugelartigen Micra zu folgen. Unwillig in den nassen Kurven, noch unwilliger aus den Kurven raus. Den Unmut über dieses Duell hat mir der GTA mit heftigem Blinken der ESP-Lampe (nicht komplett abschaltbar) mitgeteilt. Dauernd wurde gebremst und der V6 in der Leistungsabgabe gehindert, während der Micra immer weiter davonzog. Manch einer wird sich jetzt fragen, ob ich denn jemals legitim einen Führerschein erworben habe (das tue ich manchmal auch)? Nein, hier hat sich die (recht niedrige) Traktionsgrenze des GTA schonungslos gezeigt, auf nasser Fahrbahn in Verbindung mit engen Kurven, dem willigen Sauger-V6 und vielen kurzen Geraden ist der Alfa so souverän wie eine Dose Ravioli neben einem feurigen Thai-Curry. Damit disqualifizierte sich der Alfa für mich als Winterfahrzeug und ich suchte noch am selben Tag nach einer potenten Sportlimousine mit Allrad. Die Liebe war schlagartig erloschen. Ein Winter in unseren Breitengraden mit einem Frontkratzer, welcher traktionstechnisch dermassen hohe Defizite hatte, für mich als Allradliebhaber unvorstellbar. Die rosarote Brille fiel zu Boden, die Leidenschaft war erloschen, wenn auch noch nicht bzw. nie wirklich ausgeglüht. Kann aber auch sein, dass mein Verstand wieder aus Italien zurück war, wenn auch mit einem dicken Kater.
Fazit
Man ist von diesem Auto hin- und hergerissen. Die Konstrukteure müssen übelst alkoholisiert gewesen sein, als sie sich dazu entschlossen, einen riesigen V6 quer in einen kompakten Hatchback zu pflanzen, ohne Diffsperre, ohne nennenswerte Fahrwerksabstimmung. Einerseits diese Emotionen, der vermutlich am besten klingendste V6 unserer Zeit, das Reifenfressen, das aufregende und immer noch zeitlose Design, das Pfeifen auf Konventionen der Konstrukteure, der SPASS den dieses Auto machen kann. Andererseits die Defizite, der gigantische Wendekreis, die kaum vorhanden Traktion, das fast schon katastrophale Fahrwerk mit Wank- und Neigebewegungen auf alle Seiten und dem dementsprechend heftigen Lastwechseln, welche dann wieder durch das ziemlich geforderte ESP aufgefangen werden (sollten). Während den sechs Monaten hatte ich übrigens keinen einzigen Defekt, bis auf die Standlichtlampen, von welchen ich ca. vier gewechselt habe.
Kaufen?
Der Sportfahrer wird sich fast schon angewidert von dem Auto wegdrehen und sich einen GTI oder RS holen. Aber kann man von den Zehntelsekunden und den nassen Achselhöhlen absehen, steht man auf unangekündigte Adrenalinschübe schon beim Parken und wohlwollende Blicke von den Kennern und vor allem von den weiblichen Mitmenschen? Heute kann man diese Teile recht günstig erwerben, vorausgesetzt man kuckt sich den vermeintlichen neuen Garagenbesetzer richtig gut an, von ungepflegten und schlecht gewarteten Exemplaren sollte man wohl besser absehen. Und auch die Exklusivität reizt, wurden von der zornigen Diva doch nur knapp über 5000 Stk. gebaut, das macht den 147 GT exklusiver als ein Ferrari 360 Modena, von denen gingen 17500 Stk. aus Modena raus und die meisten davon sieht man kaum jemals auf der Strasse. Wer "die andere" italienische Form von Fahrspass erleben möchte, sollte sich so einen in die Garage packen. Auch wenn's dann nur eine kurze aber heftige Sommerliebe ist, gedacht für einen hoffentlich sonnigen Sommer. Der der 147er GTA mag schönes Wetter und trockene Strassen und hasst Regen und Schnee. So wie viele.
Ich mag den 147 GTA, so sehr, dass sich mir immer noch die Mundwinkel in Richtung Ohren hochziehen, wenn ich eine dieser selten gewordenen italienischen Diven auf der Strasse sehe. Danke dafür, dass man sich bei Alfa sowas noch getraut hat :-).
Was denn?
Ein 2003er Alfa Romeo 147 GTA. 3.2 Liter V6 mit betörend schlechten Manieren. 250PS bei 6200 U/min, 300Nm bei 4200 U/min. 6-Gang manuell.
Ausstattung:
Serie, bis auf das Winterpaket (eine Packung Nudeln im Kofferraum hätte mehr Nutzwert gehabt)
Laufleistung
gekauft mit ca. 82'000km.
Wie weit?
War so ca. sechs Monate in meinem Besitz, ungefähr 15TSD gefahrene km.
Handbuch gelesen?
Tatsächlich ja, auch wenn das Auto keine bedientechnischen Rätsel offenbart.
Erster Eindruck
Blind vor Liebe hab ich mich in das Abenteuer Alfa gestürzt. Die Formen muss man in ein paar ruhigen fünf Minuten auf sich wirken lassen, und dann entfalten sie ihre Wirkung erst recht. Viele liebevolle Details finden sich in dem kompakten Italiener. Dort ein dezenter Chromrand um die Armaturen, da ein viel zu breit ausgestellter Kotflügel, Aluminiumtürgriffe, sündhaft rot gefärbte Armaturenbeleuchtung, wulstige Sitze. Ich liebte dieses Auto von Anfang an leidenschaftlich, bereit um eine Menge Kompromisse einzugehen. Und ich war resistent, was Kritik von anderen Autoliebhabern anbelangt. Ich verstand auf Anhieb, was es heisst, ein Alfisti zu sein.
Dicke Backen, schicke Spiegel!
Zeigefinger (Assistenzsysteme)
ABS, ESP, Traktionskontrolle mit dem Hang zum Burnout, und das meine ich durchaus doppeldeutig.
Innenraum
Herrlich italienisch, fast schon vulgär. Die Sitze (Stoff) sind für meinen dürren Arsch perfekt geformt, viele fliessende Formen. Hinten ist genügend Platz für geliebte und auch ungeliebte Schwiegermütter, die Verarbeitung ist entgegen den gängigen Vorurteilen italienischen Autos gegenüber überraschend gut. Armaturen sind wirklich schön anzusehen und gut ablesbar. Gefällt wirklich, der äussere Eindruck setzt sich innen fort.
300?? Unrealistisch, aber trotzdem irgendwie passend
Die ersten Kilometer
Der Motor ist akustisch wie optisch ein Kracher. Wo andere als erstes den Zubehörhandel stürmen und sich irgendwelche ausgehöhlte Endtöpfe aussuchen, kann man hier davon ausgehen, dass die Konstrukteure keine Kompromisse zugunsten der Baumumarmer und Körnerpicker eingegangen sind. Der GTA zieht einem bereits auf den ersten Metern die Mundwinkel nach oben. Laut, nervös, scharrend, unkonventionell, blöd, benzinvernichtend. Geil.

Das kommt von einer Flasche Chianti auf ex im Konstrukteursbüro, man möchte ihn am liebsten ablecken
Auf dem Nachhauseweg nach der Abholung offenbarten sich keine üblen Überraschungen. Der Fahrkomfort bei Autobahntempo ist wirklich gut, das Auto ist bei konstanter Fahrweise relativ leise und das Fahrwerk liefert nur bei kurzen Fahrbahnunebenheiten etwas sportlich angehauchte Vertikalbeschleunigung in Richtung Wirbelsäule. Sitze sind bequem, Klima ist hervorragend. Die Maschine hängt giftig am Gas, jede Bewegung im rechten Fuss wird akustisch so in Szene gesetzt, wie man es von einem temperamentvollen Italiener erwartet.
Multimediaplunder
RADIO/CD, kein Bose. Klingt aber akzeptabel, Bedienung gibt keine Rätsel auf. Lenkradbedienung, schneller CD-Wechsler, iPod Adapter gibt's im Zubehörhandel.
Die Fahrt
Irgendwann purzelt die rosarote Brille. Oder sie rutsch etwas von der Nase runter, weil man doch etwas ins Schwitzen kommt. Warum? Bewegt man den GTA etwas flotter, hat man permanent das Messer zwischen den Zähnen. Der dicke 147er verlangt nach etwas mehr Aufmerksamkeit, die man ihm aber auch gerne schenkt. Der Purist und Sportfahrer wird sich darüber ärgern, dass ein Teil der üppigen Leistung nicht auf die Strasse gebracht wird und die Antriebseinflüsse auf die Lenkung an einen Ringkampf erinnern. Kein Wunder, fehlt an der Vorderachse so etwas Sinnvolles wie ein Sperrdifferential, welches die 250 adrenalingeschwängerten italienischen Pferde im Zaum hält. Aber ne, Pustekuchen. Bei ausgeschalteter Traktionskontrolle frisst der GTA die Reifen wie ein ausgehungerter Hund sein Schappi und zerrt auch an der Lenkung wie besagter Köter, wenn's sein muss bis in den dritten Gang. Beispiel; Landstrasse, 80km/h Begrenzung, vor mir ein LKW mit so ca. 55km/h. Dritter Gang, Blinker links, rechtes Pedal in den Teppich rein. Beim Einschwenken ein kurzer Blick in den Rückspiegel und feststellen, dass der Überholvorgang mit zwei schwarzen Strichen auf der Fahrbahn dokumentiert ist, da kommen keine Fragen auf. Damit hat der GTA mein Herz endgültig gewonnen, ich habe vorher und auch nachher noch nie so laut in einem Auto gelacht. Dieselbe Nummer geht auch aus jedem Kreisverkehr raus, vor dem Kreisel kam irgendwann schon wie selbstverständlich der Griff zum Knopf für die Traktionskontrolle, nur um dann aus dem Rondell raus mit heiser kreischendem V6 und durchdrehenden Vorderrädern (aber kaum nennenswertem Vortrieb) Passanten zu verzücken. Ja wirklich, verzücken. Den einen oder anderen nach oben gerichteten Daumen habe ich wirklich gesehen, auch Leute die sich auf dem Bürgersteig grinsend umdrehen. Die Akzeptanz scheint bei solch einem schön gezeichneten roten Hatchback grösser zu sein, als bei einer dicken Premiumlimousine. Das liegt vermutlich auch daran, dass der V6 wirklich herrlich klingt, in jedem Drehzahlbereich. Tief und mächtig beim Anfahren, betörend und fast schon etwas versaut bei normalen Drehzahlen und schlussendlich dreckig, rotzig, wütend bei Drehzahlen nahe dem Begrenzer. Unanständig schön!
Der Zeichenschwung der zweiten Flasche Chianti auf Ex...
Die Lenkung verdient Lob. Sie ist tatsächlich sehr direkt und zielgenau. Jedoch macht der schwere V6 Brocken auf der Vorderachse irgendwann einen dicken Strick durch die Rechnung. Der Grenzbereich kündigt sich nicht wirklich an, irgendwann schiebt die Diva plötzlich unwillig Richtung Kurvenrand. Auch der Wendekreis ist ein Witz, und nicht mal ein guter. 12m!, und das für ein Kompaktsportler. Trotzdem, bis zu einer gewissen Geschwindigkeit macht der Alfa beim Kurvenräubern Spass. Das ESP greift spät ein, aber wenn ist man doch schon irgendwie froh, wenn die Elektronik einen Crash verhindert hat. Btw; das ESP und die Traktionskontrolle gehören hier zu den am meisten geforderten Elektronikkomponenten, noch vor der Benzinpumpe und der Klimaanlage.
Wie es sich gehört, 5-Loch.
Irgendwann zerbrach die Liebe. An einem grauen, regnerischen, kalten Spätsommernachmittag. Ich war auf dem Weg nach Hause. Vor mir fuhr ein hübsches Mädel in einem 2004er Nissan Micro den Berg runter. Sie fuhr recht flott und man müsste meinen, dass man mit dem GTA keine Mühe hätte, dem kleinen Japaner und der doch recht frechen Fahrerin zu folgen. Leider hat mich dort der schöne Alfa im Stich gelassen, die Diva hat mir wortwörtlich das Herz in einem Gewittersturm gebrochen. Ich hatte keine Chance, dem kugelartigen Micra zu folgen. Unwillig in den nassen Kurven, noch unwilliger aus den Kurven raus. Den Unmut über dieses Duell hat mir der GTA mit heftigem Blinken der ESP-Lampe (nicht komplett abschaltbar) mitgeteilt. Dauernd wurde gebremst und der V6 in der Leistungsabgabe gehindert, während der Micra immer weiter davonzog. Manch einer wird sich jetzt fragen, ob ich denn jemals legitim einen Führerschein erworben habe (das tue ich manchmal auch)? Nein, hier hat sich die (recht niedrige) Traktionsgrenze des GTA schonungslos gezeigt, auf nasser Fahrbahn in Verbindung mit engen Kurven, dem willigen Sauger-V6 und vielen kurzen Geraden ist der Alfa so souverän wie eine Dose Ravioli neben einem feurigen Thai-Curry. Damit disqualifizierte sich der Alfa für mich als Winterfahrzeug und ich suchte noch am selben Tag nach einer potenten Sportlimousine mit Allrad. Die Liebe war schlagartig erloschen. Ein Winter in unseren Breitengraden mit einem Frontkratzer, welcher traktionstechnisch dermassen hohe Defizite hatte, für mich als Allradliebhaber unvorstellbar. Die rosarote Brille fiel zu Boden, die Leidenschaft war erloschen, wenn auch noch nicht bzw. nie wirklich ausgeglüht. Kann aber auch sein, dass mein Verstand wieder aus Italien zurück war, wenn auch mit einem dicken Kater.
Fazit
Man ist von diesem Auto hin- und hergerissen. Die Konstrukteure müssen übelst alkoholisiert gewesen sein, als sie sich dazu entschlossen, einen riesigen V6 quer in einen kompakten Hatchback zu pflanzen, ohne Diffsperre, ohne nennenswerte Fahrwerksabstimmung. Einerseits diese Emotionen, der vermutlich am besten klingendste V6 unserer Zeit, das Reifenfressen, das aufregende und immer noch zeitlose Design, das Pfeifen auf Konventionen der Konstrukteure, der SPASS den dieses Auto machen kann. Andererseits die Defizite, der gigantische Wendekreis, die kaum vorhanden Traktion, das fast schon katastrophale Fahrwerk mit Wank- und Neigebewegungen auf alle Seiten und dem dementsprechend heftigen Lastwechseln, welche dann wieder durch das ziemlich geforderte ESP aufgefangen werden (sollten). Während den sechs Monaten hatte ich übrigens keinen einzigen Defekt, bis auf die Standlichtlampen, von welchen ich ca. vier gewechselt habe.
So manche Ente fühlte sich vom Alfa angezogen...
Kaufen?
Der Sportfahrer wird sich fast schon angewidert von dem Auto wegdrehen und sich einen GTI oder RS holen. Aber kann man von den Zehntelsekunden und den nassen Achselhöhlen absehen, steht man auf unangekündigte Adrenalinschübe schon beim Parken und wohlwollende Blicke von den Kennern und vor allem von den weiblichen Mitmenschen? Heute kann man diese Teile recht günstig erwerben, vorausgesetzt man kuckt sich den vermeintlichen neuen Garagenbesetzer richtig gut an, von ungepflegten und schlecht gewarteten Exemplaren sollte man wohl besser absehen. Und auch die Exklusivität reizt, wurden von der zornigen Diva doch nur knapp über 5000 Stk. gebaut, das macht den 147 GT exklusiver als ein Ferrari 360 Modena, von denen gingen 17500 Stk. aus Modena raus und die meisten davon sieht man kaum jemals auf der Strasse. Wer "die andere" italienische Form von Fahrspass erleben möchte, sollte sich so einen in die Garage packen. Auch wenn's dann nur eine kurze aber heftige Sommerliebe ist, gedacht für einen hoffentlich sonnigen Sommer. Der der 147er GTA mag schönes Wetter und trockene Strassen und hasst Regen und Schnee. So wie viele.
Ich mag den 147 GTA, so sehr, dass sich mir immer noch die Mundwinkel in Richtung Ohren hochziehen, wenn ich eine dieser selten gewordenen italienischen Diven auf der Strasse sehe. Danke dafür, dass man sich bei Alfa sowas noch getraut hat :-).
Schönes Spaßauto und toller Motor! ...und der Test zeigt mal wieder die Realität: Alfa ist viel zuverlässiger als die landläufigen Vorurteile behaupten und Audi viel weniger zuverlässig (siehe dein S4 Test) als die Stammtisch-Premium-Parolen vermuten lassen.
AntwortenLöschenMein 147er GTA begleitet mich nun seit 8 Jahren. Er ist einer der seltenen Selespeed. Gut, nach 13 Jahren macht die Hydraulik Mucken. Ein neuer Druckspeicher vom Ferrari 430 und die Diva macht wieder Laune. Ersatzteilprobleme vorprogrammiert. Hergeben ? Noch lange nicht. Er kam aus Modena - rostfrei.
AntwortenLöschenDer Alfa-Meister
Habe meinen GTA seit 2015... Nur im Sommer bewegt - wann sonst? Mit Sicherheit nicht im Winter :-)
AntwortenLöschenSelten so gelacht wie bei Deinem Artikel hier, Nagel auf den Kopf getroffen! Kompliment!!!